Ein etwa 500 m breiter Sandstrand wird links und rechts durch „Morros“ – aus dem Meer aufrangende, aber dicht bewachsene Felszungen begrenzt und in Richtung Land öffnet sich das Terrain schon fast einem Amphitheater gleich.
Der Strand ist auch einer der saubersten Strände, so findet man auch bei Starkwind und – für Surfer wichtig – kräftigem Wellengang keine Algen- oder Tangbündel.
Dass dem so ist, haben auch vor ein paar Jahren andere erkannt, so der portugiesische Unternehmer João Vaz Guedes (40 Jahre), und so fasste er mit drei weiteren Investorenkollegen den Plan, dieses paradiesische Fleckchen Bahia in das erste 6-Sterne Hotel Resort Lateinamerikas zu verwandeln.
Das 49 ha große Gelände wurde dann sehr schnell eingezäunt und nachdem man in einem 3 Jahre langen Prozess auf irgendwelche Weisen die „umweltrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen“ erhalten – oder sollte man vorsichtig sagen „ergattert“ hatte – wurde mit der Bauerei begonnen.
Für die Planung hatte man sich die Firmen ADN (Anouska Hempel Design, Entwurf des Hotels Hempel in London und der Hotels Blakes in London und Amsterdam) sowie Bernandes Jacobsen Arquitectura (Rio de Janeiro) ausgewählt.
Was dabei herauskam, ist eine – tja, wie soll man es nennen? – postmoderne Stahlbeton-Architektur, die unter dem Namen "Warapuru, Ressort und Hotel" auf Gelände nicht nur ein Luxushotel mit 40 exklusiven Bungalows (für max. 150 Gäste, Übernachtung ab 500 USD an aufwärts) beherbergen soll, sondern auch 18 Villen, die sich mit 3 bis 6 Schlafzimmer-Suiten ausgestattet auf rund 5.000 qm Grund befinden, vom Service des Hotels „mit bedient“ werden sollen und angeblich bereits 2005 schon alle zu Preisen zwischen 750.000 und 1,2 Mio USD verkauft wurden (9 an Brasilianer, 9 an Europäer). „Warapuru“ entstammt der Sprache der Tupi-Indianer und kann am besten mit "Der Wolf der Früchte frisst" übersetzt werden.
Wer die Website des Investorenteams besucht (www.warapuru.com) wird sich über den Stil des ganzen Projekts wundern.
Denn die „Bungalows“ sehen aus, als sollten es Unterstände oder Bunker auf einem militärischen Versuchsgelände werden. So war dann auch mein erster Eindruck der, sich vor dem umzäunten Sperrgebiet einer militärischen Anlage zu befinden (auch wenn die auf der Strandseite tätigen 4 „Wachen“ ganz offensichtlich nicht militärisch waren), und dort Versuchsbunker für Sprengstoffe oder Rakentreibstoffe entstehen sollten.
Andererseits erinnert das Ganze dann wieder an die Architektur der Azteken oder Mayas (doch was haben die bitte in Brasilien verloren?)
Das wichtigste „Objekt“ auf dem Gelände scheint allerdings eine ca. 40 m hohe Stahlrohrkonstruktion zu sein, die eine Plattform trägt und es zahlungskräftigen Interessenten sowie den Investoren ermöglichen soll, sich einen „gehobenen“ Überblick zu verschaffen.
Mit dem Bau des – übrigens das gesamte Gelände umgebenden – Zauns (nur der Sandstreifen des Strandes wurde bisher ausgespart)–war es dann auch mit der Zugänglichkeit zur Praia da Engenhoca etwas mau geworden. Nun musste man mit dem Auto schon bis zum nächsten Strandzugang (Praia do Havainho) fahren, dort etwa 1,6 km bis an den Strand von „Klein-Hawaii“ durch den dichten Wald der Mata Atlantica und anschließend nochmals einen den Steilhängen nach Norden folgenden, fast 2 km langen Weg bis zur „Engenhoca“ laufen.
Das soll sich aber – nach Aussage der Wachen – an dem mit „dieser Zaun wurde zu Ihrer eigenen Sicherheit angebracht“ beschildertem Zaun in dem Moment ändern, sobald die Eröffnung des 6-Sterne-Schuppens angesagt ist: dann kann man sich den Weg die Küste entlang sparen, denn ab da wird es „Privatstrand“ werden, unzugänglich für das normale Fußvolk und alle Surfer!
Dieser Umstand und die Tatsache, dass durch das Tribunal Regional Federal da 1a Região ein vorläufiger Baustopp erwirkt wurde, ist seit Ende 2006 zum schon heißen Diskussionspunkt geworden!
Was war passiert? Bei einer Kontrolle der Baustelle durch entsprechende Beauftragte des CRA (Centro de Recursos Ambientais), also jener staatlichen Stelle, die für die Ausstellung der umweltrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zuständig war, wurden Verstöße gegen mit dieser Bescheinigung verbundenen Auflagen hinsichtlich der Wiederherstellung jener Bewaldung, die für die Bauarbeiten beseitigt werden musste, festgestellt. Und jeder Verstoss gegen EINEN Punkt der Umweltschutzauflagen bringt die GESAMTE Bescheinigung zum Erlöschen!
Da man bereits mit einem anderen Luxus-Ressort weiter im Süden negative Erfahrungen gemacht hatte (hier war eine Umweltauflage gewesen eine Bewaldung mit über 2000 Kokospalmen unangetastet zu lassen. Da es aber nach Gesetz zulässig ist, kranke oder absterbende Bäume zu beseitigen, hatte man ganz einfach jede Palme angebohrt und durch Einspritzen giftiger Substanzen in den gewünschten Zustand versetzt), wurde ganz fix ein Baustopp angeordnet.
Dieser Baustopp wirbelte natürlich eine Menge Staub auf, denn schließlich „…mußte man 1200 Beschäftigte Arbeiter kurzfristig entlassen..“, so die für den sozialen Bereich des „Warapuru“ zuständige Valéria Cardoso, und sorgte sogar im entfernten Portugal für Schlagzeilen. Hatte es doch ein brasilianisches Gericht geschafft, den kontinentalen "Geldadel" gehörig auszubremsen, der bisher rund 80 Mio Reais investiert hatte!
Aber da man in Brasilien in den letzten Jahren bei allem, was die Umwelt angeht, ein wenig hellhöriger geworden ist, finden es natürlich die schon seit Bekanntgabe des Projektes dagegen eingestellten Organisationen besonders gut, dass hier endlich mal "Tacheles" geredet wird, und man sich eben nicht an den Dollar- oder Euroscheinen über den brasilianischen Tisch ziehen lässt.
Selbstverständlich hat das Projektkonsortium inzwischen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um diesen Baustopp aufheben zu lassen, aber bisher wenig bis nichts erreicht, da auch dasübergeordnete Gericht der Meinung ist, dass Auflagen dazu da sind, eingehalten zu werden. Also dieses Mal nix mit „Jeitinho“ oder wie man in Europa sagt „Da Pappa werd's scho richt'n!"
Und wenn der Baustopp aufgehoben wird, wartet auf die Betreiber schon die nächste Überraschung, denn die geplante "Einverleibung" des Strandes durch das Ressort wird in einem jetzt schon in Vorbereitung befindlichen Gerichtsverfahren enden, denn schließlich gibt es sowohl in der „Carta Magna“, der brasilianischen Verfassung, als auch in der ergänzenden Gesetzgebung klare Regelungen für den freien Zugang zum Strand (den man theoretisch bereits jetzt von der Straße trotz Wachen und Zaun im Beisein eines gewieften Rechtsanwaltes erzwingen könnte!).
Die entsprechenden Texte finden sich in der Verfassung (Artikel 5, Absatz XV) und im Gesetz Nr. 7661 vom 16.05.1988 (Artikel 10). Dieser „freie und öffentliche Zugang zu Stränden aus allen Richtungen" baut auch darauf auf, dass niemand Eigentum an Strand und allem, was aber der höchsten Wasserlinie aus 30 m in Richtung Landesinnere liegt erwerben kann, weil dieser „Streifen“ der União gehört (Marine). Gilt außerdem auch für alle schiffbaren Gewässer (Flüsse und Seen).
Die im Artikel 10 des 7661 angegebene Einschränkung "...ressalvados os trechos considerados de interesse de segurança nacional ou incluídos em áreas protegidas por legislação específica.“ bezieht sich auf militärische Sicherheitsgebiete, Bereiche, die wie beispielsweise Freihäfen oder Naturschutzgebiete oder Gebiete, die durch Verseuchung/Kontamination schädlich für die Gesundheit des Besuchers wären. Dass es keine „Privatstrände“ in Brasilien gibt, mussten auch schon viele geschlossene Condominios entlang der Küste des Bundesstaates Sao Paulo feststellen, die inzwischen lieber die Besucher durch das Gelände zum Strand lassen, als sich auf einen kostspieligen Prozess einzulassen, den mehrere Condomino-Betreiber schon verloren haben!
Mal abwarten und beobachten, was sich da noch „tun wird“, denn langsam aber sicher lernt der Brasilianer, dass die Zeiten der „Coroneis“ vorbei sind und es doch etwas bringt, sich "auf die Hinterbeine zu stellen“, um sich für die ihm zustehenden Rechte einzusetzen, auch wenn das bisher noch auf ganz wenige Gebiete beschränkt ist.
Ach ja, die Sache mit dem „endemischen Touristen“ ist noch nicht erklärt! Das geht jedoch relativ schnell:
Geplant ist außerdem, dass der Gast im „Warapuru“ alles Nötige vor Ort vorfindet und wenn überhaupt, wird er per „Warapuru“-Bus nach Itacaré gefahren werden, um dort im „Warapuru“-eigenen Luxusrestaurant speisen zu können, und anschließend geht es wieder zurück „ins Lager“!
So schafft man sich den „endemischen Toristen“, der sein Geld da lässt, wo die Betreiber es am liebsten sehen: innerhalb der „Warapuru“-Organisation.
Und nun nur nicht glauben, dass der Gewinn in Brasilien bleibt! Nein, da haben schon ganze Teams von mit allen Wassern gewaschenen Rechtsanwälten dafür gesorgt, dass das Firmenkonstrukt so aufgebaut ist, dass kaum was hier bleiben wird!
Bleibt nur noch eine kleine Schlussüberlegung:
Haben sich die renomierten Architekturbüros eigentlich Gedanken darüber gemacht, was mit Stahlbeton in sehr kurzer Zeit passiert, den man der „Maresia“ aussetzt, jenem feinem Salznebel, der selbst in 500 m Entfernung von Stränden immer noch in der Luft present ist? Oder hat man sich hier den Luxus erlaubt, den Beton mit V2a zu armieren?
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Quelle: www.vidabrasileira.blog.de
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